– guideline of the German society of neurology
Die COVID-19 Pandemie hat in Deutschland zu Hunderttausenden und weltweit zu Millionen von Fällen eines schweren, lebensbedrohlichen und zum Teil tödlich verlaufenden akuten respiratorischen Syndroms geführt (SARS-CoV-2). In diesem Zusammenhang ist es wichtig, auch zu beachten, welche Implikationen eine SARS-CoV-2 Infektionen für die Behandlungsstrategien in der Neurologie hat.
Im Oktober 2020 hat daher die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) neue Richtlinien zu den neurologischen Manifestationen von COVID-19 (Corona Virus Disease-2019) herausgegeben. Es wird dabei auf die direkten und indirekten Effekte der Erkrankung eingegangen und auf Aspekte des Schutzes der Pflegenden und Ärzt:innen.
Dabei sind folgende direkte neurologische Konsequenzen einer Infektion mit dem Corona Virus zu bedenken:
- Enzephalopathie: sie wird wahrscheinlich durch Hypoxie, Sepsis, Nierenfunktionsstörungen, überschießende Entzündungsreaktionen und Zytokinstürme ausgelöst. Es gibt zurzeit keine spezifisch therapeutischen Maßnahmen.
- Meningoenzephalopathie: sie ist bei eingeschränktem Bewusstsein, kognitiven Fehlleistungen oder epiletischen Anfällen in Betracht zu ziehen und durch MRI, EEG und Liquor Diagnostik zu bestätigen. Sie kommen selten vor und könnten direkt durch das Corona Virus verursacht werden oder eine post-Infektions Autoimmunreaktion sein. Hohe Dosen Kortikosteroide können bei anhaltenden Symptomen eingesetzt werden.
- Guillain-Barré Syndrom: dies ist eine weitere schwerwiegende Komplikation von COVID-19, die bis zur Tetraparese führen kann. Nach Diagnose durch Liquor Untersuchung (zytoalbuminäre Dissoziation) und Serologie (Gangliosid-Antikörper) können Immunoglobulin (i.v.) und Plasmapherese eingesetzt werden.
- Akute dissemninierte Enzephalomyelitis (ADEM): bei multifokalen Symptomen und anschließender MRI Diagnostik kann bei positiven Befund Methylprednisolon gegeben werden oder Immunglobuline i.v.
- Epilepsie: sie kann nach den gültigen Richtlinien behandelt werden, allerdings muss auf Wechselwirkungen von Antikonvulsiva mit Arzneimitteln, die gegen COVID-19 eingesetzt werden geachtet werden.
- Chemosensorische Beeinträchtigungen, Hypo-/Anosmie: der Verlust des Geruchsinns ist oft ein früher Indikator von COVID-19 und unabhängig von der Schwere des weiteren Verlaufs. In den meisten Fällen kommt es zu einer vollständigen Rekonvaleszenz.
- Myalgie, Fatique und Hyper-CK-ämie: Diese Erkrankungen treten bei COVID-19 Patienten auf, aber es gibt kein erhöhtes Risiko für Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen.
- Das Risiko eines Schlaganfalls schein bei schwer erkrankten COVID-19 Patienten etwas höher als bei Patienten mit Grippe. Allerdings gibt es deutliche Hinweise, dass Patienten mit vorbestehenden zerebro-vaskulären Erkrankungen häufiger von einer schweren Verlaufsform bei einer Infektion mit dem Corona-Virus betroffen sind.
Interessanterweise haben die bisherigen Daten kein erhöhtes COVID-19 Risiko bei Patienten, die eine Immuntherapie erhalten, gezeigt. Generell sollte daher die Therapie fortgesetzt werden.
Es ist darauf zu achten, dass Patienten, die zu Fieberkrämpfen neigen, konsequent mit nicht-steroidalen Antirheumatika behandelt werden. Außerdem können im Falle eines lebensbedrohlichen respiratorischen Syndroms neuropathologische Veränderungen leicht übersehen werden und daher ist eine diesbezügliche prophylaktische Untersuchung in Betracht zu ziehen, z.B. CT oder MRI. Obwohl die positiv end-expiratorische Druckbeatmung zu intrakranialer Druckerhöhung führen kann, ist diese Therapie in schweren Verläufen von SARS-CoV-2 alternativlos
Leider hat sich generell auch gezeigt, dass weniger Fälle mit zerebraler Ischämie in Krankenhäuser aufgenommen wurden, wahrscheinlich, weil Patienten mit nicht-lebensbedrohlichen Symptomen das Krankenhaus unter Pandemiebedingungen meiden. Die Behandlung von eingelieferten Patienten mit einer Ischämie und COVID-19, sollten nach dem Standardprotokoll behandelt werden und die entsprechenden Hygienemaßnahmen umgesetzt werden.
Publikation:
Berlit P, Bösel J, Gahn G, Isenmann S, Meuth SG, Nolte CH, Pawlitzki M, Rosenow F, Schoser B, Thomalla G, Hummel T. Neurol Res Pract. 2020 Dec 2;2:51. doi:10.1186/s42466-020-00097-7. PMID: 33283160; PMCID: PMC7708894.