Kaliumkanäle als Strategie, um Nervenzellen vor Entzündung und Entmarkung zu schützen

In Zusammenarbeit mit Dr. Welnitz

Die Multiple Sklerose (MS) ist gekennzeichnet durch eine Demyelinisierung und bei fortschreitender Erkrankung auch durch dien Untergang von Neuronen. Im Rahmen einer internationalen Studie haben Forscher der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) federführend, gemeinsam mit Kollegen aus Düsseldorf, Münster, Cambridge und San Francisco, nun Kaliumkanäle entlang der Nervenfasern im Zentralen Nervensystem (ZNS) als mögliche Angriffspunkte identifiziert, um gefährdete Neuronen gegen die entzündliche Demyelinisierung im Zuge der MS zu wappnen.

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The impact of disease-modifying therapies in multiple sclerosis and comorbid autoimmune disorders

In Zusammenarbeit mit Thomas Skripuletz (Medizinische Hochschule Hannover)

Mittlerweile sind durch die Europäische Arzneimittel Agentur (EMA) und die Amerikanische Food and Drug Administration (FDA) über 10 Medikamente zur Behandlung einer Multiplen Sklerose (MS) zugelassen. Durch diese große Anzahl zugelassener, wirksamer Medikamente ist eine individualisierte Therapiere möglich. Hierbei gilt es, verschiedene Einflussfaktoren zu berücksichtigen, so auch mögliche komorbide Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise entzündliche Darmerkrankungen, welche vor dem Hintergrund einer MS gehäuft auftreten können.

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Driving time-based identification of gaps in specialised care coverage: An example of neuroinflammatory diseases in Germany

In Zusammenarbeit mit Lars Masanneck

Ziel der Studie war es, die regionale Versorgungslücken für neuroinflammatorische Erkrankungen in Deutschland mit Hilfe einer neuen Technik zu bewerten. Zu diesem Zweck berechneten die Autoren mithilfe Open-Source Software sogenannte Isochronen, um die Zeit zu bestimmen, die benötigt wird, um spezialisierte Zentren für neuroinflammatorische Erkrankungen mit dem Auto unter normalen Verkehrsbedingungen zu erreichen. Für die Studie wurde eine Populationsnäherungsmethode auf Basis des GHS-POP19 Datensatzes durchgeführt und die Ergebnisse mit Daten des Statistischen Bundesamtes verglichen.

Die Ergebnisse zeigten, dass mehr als 80 % der deutschen Bevölkerung eines der spezialisierten Zentren innerhalb von 120 Minuten mit dem Auto erreichen können, aber es gab erhebliche Unterschiede zwischen der Abdeckung der verschiedenen krankheitsspezifischen Netzwerke. Während die Versorgung für Multiple Sklerose vergleichsweise flächendeckend ist und mehr als 96% der Bevölkerung innerhalb von 60 Minuten ein Zentrum erreichen können, ist dies bei anderen Krankheitsnetzwerken oft nicht der Fall. Die Studie ergab, dass regional im Nordosten Deutschlands die Versorgung für alle analysierten neuroinflammatorischen Krankheiten unzureichend ist, und dass in ländlichen Gebieten allgemein ähnlich schlechtere Ergebnisse zu verzeichnen sind.

Die Studie kam zu dem Schluss, dass die z.T. beobachteten langen Fahrtzeiten zu medizinischen Einrichtungen mit schlechteren Gesundheitsergebnissen verbunden sein könnten und dass die in der Studie verwendete Methode nützlich sein könnte, um regionale Unterschiede in der Gesundheitsversorgung zu ermitteln. Die Studie legt nahe, dass spezialisierte Krankheits- und Pflegenetze ihre Reichweite durch die Einbeziehung von Digitalen Gesundheitstechnologien in Kombination mit telemedizinischen Ansätzen erweitern könnten, um die Belastung von Patienten, Angehörigen, ärztlichem Personal sowie Pflegepersonal zu verringern und den Zugang zur Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen zu verbessern. Die Studie schlägt weiterhin vor, dass künftige Studien die reale Zugänglichkeit von Gesundheitseinrichtungen für verschiedene Krankheiten mit der gleichen Methode untersuchen könnten.
Quelle: Masanneck, L., Räuber, S., Schroeter, C. B., Lehnerer, S., Ziemssen, T., Ruck, T., Meuth, S. G., & Pawlitzki, M. (2023). Driving time-based identification of gaps in specialised care coverage: An example of neuroinflammatory diseases in Germany. Digital health, 9, 20552076231152989. https://doi.org/10.1177/20552076231152989

Vaccine-based clinical protection against SARS-CoV-2 infection and the humoral immune response: A 1-year follow-up study of patients with multiple sclerosis receiving ocrelizumab

In Zusammenarbeit mit Saskia Räuber

In einer im Februar 2022 im Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry publizierten Arbeit hatten wir gezeigt, dass mit Ocrelizumab behandelte Multiple Sklerose Patient*innen nach 2 SARS-CoV-2-Impfungen eine abgeschwächte humorale Immunantwort bei erhaltener T-zellulärer Immunantwort aufweisen.

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Neuron-oligodendrocyte potassium shuttling at nodes of Ranvier protects against inflammatory demyelination

In collaboration with Luca Fazio

Multiple Sclerosis (MS) is a chronic, demyelinating, autoimmune disease of the central nervous system, affecting approximately 2.8 million people worldwide. Profound alterations in neuron-glia signaling and neuroaxonal damage are pathological hallmarks of progressive MS and have been associated with an impaired functional integrity of neuronal circuitry. Notably, disappearance of myelin sheaths and damage to the node of Ranvier (NoR) driven by inflammatory demyelination can result in neuronal hyperexcitability, thereby suggesting an altered expression and distribution of specific ion channels at and around NoR. Given the limitations of the current immune-modulatory therapies and the lack of highly efficacious treatments in preventing neuroaxonal exhaustion, an urgent need to establish alternative approaches emerged. In the last decade, significant improvements in the characterization of ion channel function in MS pawed the way to ion channel modulators as new targeted treatments. However, the underlying mechanisms leading to the emergence of chronic hyperexcitability still need to be fully elucidated.  

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Cerebrospinal fluid proteomics indicates immune dysregulation and neuronal dysfunction in antibody associated autoimmune encephalitis

In Zusammenarbeit mit Saskia Räuber

Autoimmunenzephalitiden (AE) sind immunvermittelte Erkrankungen des zentralen Nervensystems, welche zu persistierenden neurologischen Defiziten wie z.B. epileptischen Anfällen und kognitiven Defiziten führen können. Dabei sind die genauen, insb. die Subtyp-spezifischen, pathophysiologischen Mechanismen bislang unzureichend verstanden. In einer aktuellen Arbeit haben wir daher das Liquor-Proteinprofil von Patient*innen mit AE im Vergleich zu Kontrollpatient*innen analysiert. Im Detail wurden AE-Patient*innen mit Autoantikörpern gegen den N-Methyl-d-Aspartat-Rezeptor (NMDAR, n = 9), Leucin-reiches Gliom-inaktiviertes Protein 1 (LGI1, n = 9) oder Glutamat-Decarboxylase 65 (GAD65, n = 8) im Vergleich zu 9 Patient*innen mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose als entzündliche Kontrollen und 10 Patienten mit somatischen Symptomen als nicht-entzündliche Kontrollen analysiert. Wir fanden dabei eine Dysregulation des Komplementsystems sowie pro- und anti-entzündlicher Immunmechanismen bei allen AE Betroffen im Vergleich zu der nicht-entzündlichen Kontrollgruppe. Zudem zeigten sich verschiedene Proteine, welche an der synaptischen Übertragung und der Konnektivität des Gehirns sowie der Neurodegeneration beteiligt sind in unterschiedlichem Ausmaß bei allen AE-Subtypen dysreguliert im Vergleich zu den Kontrollen. Darüber hinaus konnten erhöhte Spiegel verschiedener Proteasen und eine Verringerung von Proteaseinhibitoren festgestellt werden. Insgesamt wiesen die verschiedenen AE-Subtypen im Vergleich zueinander und zu Kontrollen unterschiedliche Liquor-Proteinprofile auf, welche künftig eine Identifizierung von krankheitsspezifischen Biomarkern ermöglichen könnten.  Mehr Infos unter: Räuber et al., Cerebrospinal fluid proteomics indicates immune dysregulation and neuronal dysfunction in antibody associated autoimmune encephalitis, Journal of Autoimmunity

Treatment of Patients with Multiple Sclerosis Transitioning Between Relapsing and Progressive Disease

In Zusammenarbeit mit N. Dimitriou

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische, demyelinisierende und neurodegenerative Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems mit einer Vielzahl von klinischen Phänotypen. Nach dem Klassifizierungsvorschlag von Lublin et al. sind die wichtigsten MS-Phänotypen die schubförmig-remittierende (RR) und die progrediente Erkrankung (PMS). Die schubförmig remittierende Multiple Sklerose (RRMS) ist durch einen klinischen Verlauf mit definierten rezidivierenden Schüben mit neuen oder verschlimmerten neurologischen Funktionsstörungen gekennzeichnet.

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Myositiden in Deutschland – epidemiologische Einblicke aus den vergangenen 15 Jahren

In Zusammenarbeit mit Marc Pawlitzki

Die medizinische Versorgung von Myositiden ist aufgrund der Seltenheit und Heterogenität weiterhin mit großen Herausforderungen verknüpft. Insbesondere die Diagnosestellung verzögert sich oft über Jahre nach Erstmanifestation und benötigt meist umfangreiche Untersuchungen einschließlich Elektrophysiologie, Antikörperdiagnostik, Kernspintomographie und Muskelbiopsie. Erschwerend kommt hinzu, dass trotz der entsprechenden Diagnostik keine einheitlichen Diagnosekriterien im klinischen Alltag angewendet werden, sodass systematische Analysen oft nur eine geringe Fallzahl an Patienten umfassen

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Erkenntnisse aus der Praxis zur Siponimod-Therapie bei Patienten mit sekundär progredienter Multipler Sklerose

In Zusammenarbeit mit L. Regner-Nelke

Während in den letzten Jahren deutliche Fortschritte in der Therapie der schubförmig remittierenden Multipler Sklerose (MS) erzielt werden konnten, sind für die progressiven Formen der MS, insbesondere für die sekundär progrediente MS (SPMS), nur wenige Optionen verfügbar. Die Zulassung von Siponimod für die SPMS hat in der ansonsten entmutigenden Therapielandschaft für neue Hoffnung gesorgt. Nach den zuversichtlichen Ergebnissen der Zulassungsstudie stellt sich die Frage nach der Wirkung und Sicherheit des Medikaments unter realen Bedingungen.

Um dies zu untersuchen, führten wir eine retrospektive, multizentrische, nicht-interventionelle Studie durch. 227 SPMS-Patienten wurden hierbei eingeschlossen. Im Rahmen der medikamentösen Einstellung auf Siponimod sowie bei Kontroll-Untersuchungen im Verlauf wurden klinische und radiologische Parameter erhoben und das Auftreten von Nebenwirkungen und Gründe für den Abbruch der Behandlung dokumentiert. Das Fortschreiten der Erkrankung wurde als Anstieg der Expanded Disability Status Scale (EDSS), als radiologische Progression oder als Auftreten neuer Schübe unter der Behandlung definiert. Die erhobenen Daten wurden zu Studienbeginn sowie nach 6, 12 und 18 Monaten analysiert. Bei einer Gruppe von 41 Patienten wurde zudem eine detailliertere Untersuchung des Krankheitsverlaufs durchgeführt, die auch Daten zur Messung der kognitiven und motorischen Funktionen umfasste.

Unter der Siponimod-Therapie wurde bei 64,8 % der Patienten nach 12 Monaten eine anhaltende klinische Krankheitsstabilität erreicht. Von den stabilen Patienten verbesserten sich 21,4 % der Patienten. Von den übrigen Patienten kam es bei 31,5 % zu einer EDSS-Progression, bei 3,7 % verschlechterte sich der Zustand, ohne dass die Schwelle für eine Progression erreicht wurde. Eine radiologische Krankheitsaktivität wurde bei 24,1 % der Patienten nach sechsmonatiger Behandlung und bei 29,6 % der Patienten nach 12 Monaten festgestellt. Die detailliertere Subkohorte mit 41 Patienten zeigte während des 12-monatigen Studienzeitraums keine wesentlichen Veränderungen der kognitiven Fähigkeiten, die mit dem Paced Auditory Serial Addition Test und dem Symbol Digit Modalities Test gemessen wurden, sowie der motorischen Funktionen, die mit dem Timed 25-Foot Walk, dem 100-Meter-Timed Test und dem 9-Hole Peg Test gemessen wurden. Die radiologische Beurteilung zeigte ein stabiles Volumen der weißen und grauen Substanz sowie eine stabile Anzahl von Läsionen bei der 12-monatigen Kontrolle. Bei fast der Hälfte der eingeschlossenen Patienten wurden Nebenwirkungen beobachtet, wobei Lymphopenien am häufigsten vorkamen. Aufgrund des Fortschreitens der Krankheit oder von Nebenwirkungen brachen 31,2 % der Patienten die Therapie ab.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Behandlung mit Siponimod eine insgesamt stabilisierende Wirkung auf die klinischen und radiologischen Ergebnisse hatte. Es ist jedoch entscheidend, dass Patienten während der Therapie intensiv überwacht werden, um ein Fortschreiten der Krankheit und Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen. Mehr Infos