In Zusammenarbeit mit Marc Pawlitzki
Die Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Jüngst hat die US-amerikanische FDA Ublituximab, einen neuartigen anti-CD20 monoklonalen Antikörper, für die Behandlung von MS zugelassen. Parallel dazu empfiehlt auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) dessen Zulassung. Damit stehen nun über 15 krankheitsmodifizierende Therapien (Disease-Modifying Therapies, DMTs) zur Verfügung, die entweder bewährte Wirkmechanismen optimieren oder völlig neue Ansätze verfolgen.
Krankheitsmodifizierende Therapien – Mechanismen und Innovationen
Die zugelassenen DMTs wirken überwiegend entzündungshemmend, indem sie proinflammatorische Zytokine und Zellen unterdrücken sowie antiinflammatorische Mechanismen fördern. Einige dieser Therapien hemmen die DNA-Synthese, verhindern die Auswanderung von Lymphozyten aus sekundären lymphatischen Organen oder unterdrücken die Invasion des zentralen Nervensystems (ZNS) durch Lymphozyten. Andere depletieren gezielt CD20+ B-Zellen oder führen zu einer umfassenderen Lymphozyten-Depletion, wie bei CD52+ Zellen.
Ein vielversprechender Forschungszweig befasst sich derzeit mit neuen Wirkmechanismen, darunter Hemmstoffe spezifischer Kinasen wie Tyrosin- oder Janus-Kinasen (JAK). Diese Enzyme spielen eine zentrale Rolle bei der Aktivierung von Immunzellen und der Entstehung von Entzündungen. Die Kinase-Hemmer blockieren deren Funktion, indem sie die Phosphorylierung von Zielproteinen verhindern, wodurch Entzündungsreaktionen gezielt reduziert werden können.
Überlappung von Autoimmunerkrankungen – Eine Chance für gemeinsame Behandlungsstrategien?
Interessanterweise weisen Patienten mit einer Autoimmunerkrankung häufig ein erhöhtes Risiko für weitere autoimmune Erkrankungen auf. Studien zeigen, dass etwa 18 % der MS-Patienten eine weitere Autoimmunerkrankung entwickeln, bei Myasthenia-gravis-Patienten liegt diese Zahl sogar bei 22 %. Die Erforschung von Kinase-Hemmern könnte daher nicht nur für MS, sondern auch für andere Autoimmunerkrankungen vielversprechend sein.
Ausblick: Maßgeschneiderte Therapien für komplexe Patientengruppen
Die Erforschung und Entwicklung neuer Wirkstoffe zur Hemmung spezifischer Kinasen könnte die Behandlung von MS und assoziierten Autoimmunerkrankungen revolutionieren. Durch gezielte und individualisierte Therapieansätze könnten die Behandlungsergebnisse optimiert und Nebenwirkungen minimiert werden. Jedoch bleibt abzuwarten, wie sich die laufenden klinischen Studien entwickeln. Rückschläge, wie etwa bei dem BTK-Inhibitor Evobrutinib, zeigen, dass nicht alle Substanzen die hohen Erwartungen erfüllen können.
Die Zukunft der MS-Therapie ist dennoch vielversprechend. Innovative Ansätze, die sich durch breitere Anwendbarkeit und gezielte Wirkmechanismen auszeichnen, könnten entscheidend dazu beitragen, die Lebensqualität von MS-Patienten nachhaltig zu verbessern.