Eine verlängerte Intervall-Dosierung von Ocrelizumab bei Multipler Sklerose ist sicher in Zeiten der COVID-19 Pandemie

Die Immuntherapie bei Multipler Sklerose (MS) ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der Krankheitsstabilität, erhöht aber potenziell das Infektionsrisiko und limitiert den Zeitpunkt einer Impfung gegen COVID-19 aufgrund der oft langanhaltenden (selektive) Immunsuppression. Ocrelizumab ist ein CD20-Antikörper, der halbjährlich Patienten mit schubförmiger MS gegeben wird und dessen anhaltende Wirkung potentiell durch die Rekonstitution peripherer B-Zellen abgeschätzt werden kann. Diese bietet die Möglichkeit, die Therapie während der Pandemie individuell zu verzögern.

In unserer retrospektiven, multizentrischen Kohortenstudie haben wir rausgefunden, dass ein verlängertes Dosierungsintervall (definiert als ≥4-wöchige Verzögerung) von Ocrelizumab als mögliche Strategie zur Risikominderung in Zeiten der COVID-19-Pandemie sicher ist.

Dabei haben wir Patienten mit schubförmiger MS (insgesamt 318 Patienten) unter verlängerter Intervall-Dosierung (VID; 116 Patienten) mit einer Kontrollgruppe unter Standard-Intervall-Dosierung (SID; 202 Patienten) verglichen. Drei Monate nach der letzten Ocrelizumab-Infusion waren 182 (90,1 %) Patienten nach SID und 105 (90,5 %) Patienten nach VID schubfrei. Eine bestätigte Progression der Behinderung nach drei Monaten wurde bei 18 SID-Patienten (8,9%) und 11 EID-Patienten (9,5%) beobachtet. Eine MRT-Progression zeigte sich bei 9 SID-Patienten (4,5 %) und 8 EID-Patienten (6,9 %) beim 3-Monats-Follow-up. Eine multivariate logistische Regression zeigte keine Assoziation zwischen dem Behandlungsschema (VID vs. SID) und einer erneuten Krankheitsaktivität beim Follow-up.

Diese Ergebnisse bedeuten, dass ein VID um mindestens 4 Wochen die Wirksamkeit von Ocrelizumab nicht beeinträchtigt. Dieser Aufschub im Dosierintervall könnte möglicherweise das Infektionsrisiko der Patienten reduzieren, Klinikern einen verlängerten Zeitraum für die Impfung gegen COVID-19 schaffen und potentiell auch die Impfantwort verbessern (welche wahrscheinlich bei B-Zell-depletierenden Therapien hinsichtlich der Antikörperproduktion vermindert ist). Zukünftige Studien die diese Ergebnisse weiter untermauern sind somit von wichtiger Bedeutung.

Referenz:

Rolfes L, Pawlitzki M, Pfeuffer S, Nelke C, et al., Ocrelizumab Extended Interval Dosing in Multiple Sclerosis in Times of COVID-19. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm. 2021 Jul 14;8(5):e1035.