Sven Meuth
Welche Medikamente bei pädiatrischen Patienten mit Multipler Sklerose (PwMS) deutschlandweit am häufigsten zum Einsatz kommen, wurde anhand einer in Therapeutic Advances in Neurological Disorders 2021 publizierten bevölkerungsbezogenen Querschnittsstudie untersucht.
Dazu wurden bundesweit die Daten zur ambulanten Medikamentenverschreibung von Kindern und Jugendliche unter 17 Jahre (n=11.381.939) aus dem Jahr 2018 herangezogen und nach Alter, Geschlecht und Krankenversicherungsart gematchten Kohorten mit PwMS (n=613, Durchschnittsalter 16 Jahre, 65,7% weibl.) und Kontroll-Gruppe (n=6130) untersucht.
Erwartungsgemäß wurden signifikant häufiger Medikamente bei PwMS verschrieben, als in der Kontroll-Kohorte (Fisher-Test: p⩽0,037). Die häufigsten Medikamente bei PwMS waren Ibuprofen (28,4%; entzündungshemmendes Medikament), Cholecalciferol (23,0%; Vitamin D3), als Basis-DMT Interferon beta-1a (21,5%,), Pantoprazol (12,2%; Antazida), Dipyron (11,7%; Analgetikum) und Fingolimod als Eskalations-DMD (11,7%). Insgesamt erhielten 54.6% der PwMS ein DMT, davon wurden 70 % als Basismedikation und 30 % als Eskalationstherapie. In der Altersgruppe der 15- bis 17-jährigen wurden häufiger DMT und Antibiotika verordnet als bei den unter 14-jährigen (DMT: 43,4% vs. 34,2%, p=0,05; Antibiotikum: 34,1% vs. 24,8%, p=0,031). Jüngere Patienten erhielten dahingegen öfter eine Verschreibung von entzündungshemmenden/antirheumatischen Medikamenten (36,6% vs. 26,5%, p=0,02).
In dieser Studie wurde die Verschreibungshäufigkeit von 18 Substanzen für unterschiedliche Indikationen analysiert. PwMS erhalten aufgrund ihrer Krankheitslast und MS-assoziierter Komorbidität wesentlich mehr Medikamente als die gesunde Kontrollgruppe. Interferon beta-1a, entzündungshemmende Medikamente und Vitamin D spielen eine wesentliche Rolle bei der Behandlung von pädiatrischen PwMS in Deutschland, schlussfolgern die Studienautoren. Sie ergänzten, dass Interferon beta-1a häufig bei pädiatrischen PwMS aufgrund des guten Sicherheitsprofils eingesetzt wird. Ein gesunder Lebensstil, die Behandlung von MS Symptomen und MS-assoziierter Komorbiditäten kann weiterhin das Therapiemanagement von pädiatrischen PwMS optimieren.
Bei etwa 3%-5% der Patienten mit beginnt die Erkrankung vor dem Alter von 18 Jahren. Um die Behandlungsstrategien in dieser speziellen Population zu optimieren, bilden aktuelle Daten aus der Versorgungslandschaft das Fundament, betonen die Studienautoren. Weiterhin sollte weitere Forschung die Behandlungsmuster mit Fokus auf Zeitpunkt der Diagnose, Zeitpunkt bis zum ersten Einsatz eines DMTs und dem Switch von Medikamenten betrachten. Zum Artikel