“Gott hat meine Mutter bei meiner Geburt getötet. Gott hat mir einen Vater gegeben, der ein Dieb war. Gott hat mir Kinderlähmung gegeben, und ich habe sie an mindestens ein Dutzend Kinder weitergegeben, unter anderem an Marcias Schwester. Unter anderem vermutlich an Sie. Unter anderem an Donald Kaplow. Er ist im August 1944 im Krankenhaus von Stroudsburg gestorben, in einer eisernen Lunge.“
Über die Werke von Philip Roth wurde schon sehr viel Positives berichtet und das ist aus meiner Sicht auch absolut berechtigt. In dem Roman NEMESIS ist Eugene „Bucky“ Cantor der tragische Held, der bei seinen jüdischen Großeltern in einem Viertel in Newark, New Jersey aufwuchs. Während die Mutter bei der Geburt verstarb brachten Wettschulden und Unterschlagung seinen Vater hinter Gittern. Trotzdem gelang es Bucky nach dem Studium in 1943 Sportlehrer an der Chancellor Avenue School in Newark zu werden.
Nachdem die USA nach dem Angriff auf Pearl Harbor in den Krieg eintraten, meldete Bucky sich freiwillig, wurde aber wegen einer Sehschwäche sowie seiner zu geringen Körpergröße nicht genommen.
Als er in den Sommerferien in 1944 Kinder und Jugendliche betreute, kam es zum Auftreten erster Fälle von Poliomyelitis/Kinderlähmung – Zwei dieser Fälle auch bei Kindern die unter seiner Aufsicht standen.
Schnell gab es sehr unterschiedliche Thesen zur Verbreitung der Erkrankung. Während Einige an Müll und Mücken als Überträger glaubten, beschuldigten andere afroamerikanische Putzfrauen und die Jugendlichen glaubten, dass Horace – der „Idiot des Viertels“ verantwortlich sei.
Nachdem Bucky eine Beziehung mit Marcia, die er bereits zu College-Zeiten kennengelernt hatte, eingeht und diese in ein Kinderferienlager begleitet, scheinen Krieg und Seuche in weite Ferne gerückt. Im Ferienlager treten dann jedoch erneut Polifälle auf und der tragische Held wirft sich vor verantwortlich zu sein. Er beginnt mit Gott, an den er eigentlich nicht glaubt, zu hadern. Am Ende erleidet er selbst die Krankheit, die ihn psychisch und physisch verkrüppeln lässt.
Philip Roth erzählt eine düstere Geschichte auf eine sachliche und schnörkellose Art. Die Geschichte der Epidemie in Newark ist fiktiv, die damals fehlende Schutzimpfung und die Unklarheiten zu Übertragungswegen entspricht allerdings der Realität.