In Zusammenarbeit mit Christina Schroeter
Konditional immortalisierte kultivierte Podozyten werden vielfach genutzt, um glomeruläre Biologie sowie pathophysiologische Mechanismen bei Podozytenschädigung in vitro zu erforschen. Jedoch wird die molekulare Identität kultivierter Podozyten und die Übertragbarkeit der in-vitro-Studien auf Podozyten in vivo kontrovers diskutiert.
Ziel unserer proteomischen Analysen war es, einen umfassenden Proteinatlas von murinen und humanen Podozyten in vitro zu erstellen. Die beiden untersuchten, konditional immortalisierten Podozyten-Zelllinien proliferieren durch die Expression eines Promoter-regulierten, temperatursensitiven SV40-Antigens bei 33°C, während sie sich bei 37°C differenzieren. Mit Hilfe von modernen Tandem-Massenspektrometrie-Technologien konnten wir mehr als 7.000 Proteine in undifferenzierten und differenzierten Podozyten identifizieren und quantifizieren. Die Proteomhaushalte beider Spezies (Maus versus Mensch) korrelierten dabei signifikant miteinander. Nur etwa die Hälfte der in vivo vorhandenen Podozyten-spezifischen Gene war in vitro nachweisbar, was Limitationen bei der Übertragbarkeit experimenteller Ergebnisse auf primäre Podozyten unterstreicht. Vergleiche der Proteome mit den dazugehörigen Transkriptomen zeigten eine moderate, aber signifikante Korrelation der Expressionslevel auf mRNA- und Protein-Ebene.
Da die Abundanz der Proteine nicht nur durch die Proteintranslation, sondern auch durch post-translationale Modifikationen und Proteindegradation determiniert wird, adressierten wir proteostatische Mechanismen der kultivierten Podozyten. Wir konnten zeigen, dass die Differenzierung immortalisierter Podozyten mit einem proteostatischen Shift einhergeht: Während undifferenzierte Zellen vorwiegend proteasomale und Zellzyklus-Proteine exprimierten, hatten in differenzierten Podozyten lysosomale Proteine eine höhere Abundanz. Verschiedene Proteindegradations-Assays bestätigten die erhöhte lysosomale und reduzierte proteasomale Aktivität im differerenzierten Zellzustand auf funktioneller Ebene. Ergänzende dynamische Messungen von Proteinsynthese, -abbau und -Halbwertszeiten mittels Cycloheximid-Assay und pSILAC verifizierten diese Ergebnisse und detektierten eine global erhöhte Proteinstabilität in differenzierten Podozyten. Die Veränderungen der Protein-Halbwertszeiten bestimmten dabei maßgeblich die Proteinabundanzen. Die funktionelle Kopplung der lysosomalen Dominanz mit der Stabilisierung von zytoskelettalen und mitochondrialen Proteinen in differenzierten Podozyten-Zustand, legte die Regulation ihres post-transkriptionalen Proteoms durch weitere molekulare Mechanismen, wie zum Beispiel durch Mitophagie, nahe.
Zusammenfassend unterstützen unsere Beobachtungen die essenzielle Rolle proteostatischer Mechanismen bei der Koregulation bestimmter zellulärer Funktionen. Die generierten Proteomdatenbanken sind für Interessierte online frei einsehbar und sollen so auch anderen Forschungsgruppen die spezifische Analyse bestimmter Aspekte der glomerulären Biologie und Proteostase in Zellkultur erleichtern. Proteomanalysen sind durch den Vergleich von in-vivo– und in-vitro-Modellen geeignet, die klinische Relevanz von diversen in-vitro-Podozytopathie-Modellen zu beschreiben und zu validieren.