Real-world evidence of ocrelizumab-treated relapsing multiple sclerosis cohort shows changes in progression independent of relapse activity mirroring phase 3 trials

In Zusammenarbeit mit Lars Masanneck

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die durch entzündungsbedingte Gewebeschäden zu neurologischen Defiziten führt. Ocrelizumab, ein Medikament zur B-Zell-Depletion, wird sowohl bei primär progredienter als auch bei schubförmig-remittierender MS (RRMS) eingesetzt.

In dieser Studie, durchgeführt an der Universitätsklinik Düsseldorf, wurde der Fokus auf die Rolle der Progression unabhängig von Schubaktivität (PIRA) bei RRMS-Patienten gelegt, die mit Ocrelizumab behandelt wurden. Dabei stellte sich vor allem die Frage, inwiefern PIRA in der klinischen (real-world) Praxis eine Rolle in der Krankheitsprogression spielt.

Methodik und Patientencharakteristika

In der retrospektiven, querschnittlichen Studie wurden 97 RRMS-Patienten, die zwischen 2018 und 2022 mit Ocrelizumab behandelt wurden, analysiert. Dabei wurde die bestätigte Behinderungszunahme (CDA) untersucht und zwischen PIRA und schubassoziierter Verschlechterung (RAW) unterschieden. Verschiedene Faktoren, wie Krankheitsdauer, vorherige krankheitsmodifizierende Therapien (DMTs) und Parameter der optischen Kohärenztomographie, wurden im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von PIRA untersucht.

Ergebnisse und Diskussion

Die Analysen ergaben, dass 23,5% der Patienten eine CDA unter Ocrelizumab-Therapie entwickelten, wobei der Großteil (87%) PIRA aufwies. Auffällig war, dass eine kürzere Krankheitsdauer vor Ocrelizumab-Behandlung sowie eine geringere Anzahl vorheriger DMTs mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von PIRA assoziiert waren. Diese Beobachtungen könnten allerdings durch einen Auswahlbias beeinflusst sein, da Patienten mit aggressiverer Krankheit möglicherweise früher Ocrelizumab erhalten, was diese Korrelation gut erklären würde.

Zusammenfassend zeigen diese Ergebnisse, dass bei mit Ocrelizumab behandelten RRMS-Patienten PIRA und nicht RAW der Haupttreiber für die Behinderungszunahme ist. Diese Erkenntnisse aus der klinischen Praxis stimmen auffallend genau mit den Daten aus den Phase-3-Studien OPERA I und II überein, was weiterhin das Vertrauen in die Übertragbarkeit kontrollierter Studienergebnisse in die klinische Praxis stärkt.

Schlussfolgerungen

Die Studie unterstreicht die Bedeutung von PIRA in der Krankheitsprogression bei RRMS und die Relevanz realer Datenanalysen als Ergänzung zu kontrollierten klinischen Studien. Trotz gewisser Einschränkungen, wie der begrenzten Patientenzahl und potenziellen Verzerrungen durch die retrospektive Datenanalyse, liefert die Studie wichtige Einblicke in die Wirksamkeit von Ocrelizumab bei RRMS. Sie trägt wesentlich zum Verständnis der Krankheitsprogression bei RRMS bei und stützt die These, dass PIRA ein Hauptfaktor der Behinderungsprogression unter effektiver immungesteuerter Therapie ist.

Quelle: Ingwersen*, L. Masanneck*, M. Pawlitzki, S. Samadzadeh, M. Weise, O. Aktas, S. G. Meuth* & P. Albrecht‘ (* equal contribution)